Nur noch 2 Wochen in Ecuador

with Keine Kommentare

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag schon vor ein paar Wochen schreiben aber anderseits auch nicht, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass meine Zeit hier in Ecuador bald vorbei ist. Da ich mittlerweile diese Tatsache akzeptiere, schreibe ich ihn jetzt…

Ich bin jetzt also schon fast ein Jahr hier. In dieser Zeit habe ich so viel erlebt. Ich hatte die Möglichkeit, an viele Orte zu reisen und Menschen kennen zu lernen. Jule und ich haben es geschafft, ein Jahr lang ohne Streit zusammen zu leben und das, obwohl wir eigentlich immer zusammenhingen. Ein wahres Wunder!

Jetzt ist es aber so, dass wir nur noch einige Tage hier haben. Bei der Arbeit sind es sogar noch weniger Tage durch die Wochenenden und weil wir zwei Tage frei bekommen, um unsere Zimmer für die nächsten Freiwilligen zu putzen und zu packen. Ich weiß noch, wie wir am Anfang gesagt haben: „Wir sind schon 1 Monat hier“, „jetzt sind wir schon 3 Monate hier und das ist ein Viertel unseres Jahres“. Wir fanden das echt überraschend, wie schnell die Zeit verging, aber ich habe den Eindruck, dass die Zeit in den letzten 4 Monaten noch mal viel schneller vergangen ist. Letztes Wochenende waren Jule und ich nochmal am Strand, in Puerto Lopez, um uns vom Meer zu verabschieden. Wohin es nächstes Wochenende geht, wissen wir noch nicht, aber das darauf folgende und letzte Wochenende fahren wir noch mal abschließend nach Quito, bevor wir dann einen Abflug nach Deutschland machen.

Es ist auf gewisse Weise komisch sich vorzustellen, nach so langer Zeit nach Hause zu fliegen. Besonders auch deshalb, weil ich das Kinderheim mittlerweile auch als Zuhause betrachte. Immerhin wohne ich hier und habe hier auch die meiste Zeit verbracht. Nach jedem Wochenendtrip oder Urlaub kam ich bzw. Jule und ich hierhin zurück. Wir haben uns auf den Busfahrten immer auf unsere Betten und die Kinder gefreut. Schon komisch, denn nur eine kurze Zeit später werden andere, neue Freiwillige in „unseren“ Zimmern leben, in „unseren“ Betten schlafen und mit „unseren“ Kindern arbeiten und spielen. Während sich die neuen hier eingewöhnen, müssen wir uns wieder an Deutschland gewöhnen.

Ecuador und Deutschland sind doch ziemlich unterschiedlich in so vieler Hinsicht. Auch müssen wir uns erst wieder in unseren Alltag einleben, der so viel mehr Verantwortungen mit sich trägt. Seit einiger Zeit kümmern wir uns um Bewerbungen für Ausbildungen und Studiengänge. Von hier aus scheint die Zukunft mit der ernsten Realität noch so weit weg. Dieses Jahr war wirklich wie Urlaub vor der eigenen Realität. Eine Zeit, in der man nicht unter dem Druck des Alltags litt und die Freiheit hatte, etwas „freier“ durchs Leben zu gehen oder eher mit Gedanken, die einen anderen Fokus haben. Aber jetzt, so kurz vor der Abreise, scheint der Alltag wieder nahe. Als würde er einen überrollen, sobald man einen Fuß auf deutschen Boden setzt.

Das wird wohl eine der schwierigeren Sachen: Sich in Deutschland im Alltag wieder einzuklinken und direkt wieder in den Alltag zurückzufinden, wobei ich denke, dass es problematisch werden könnte. Ich habe mich in diesem Jahr verändert und weiterentwickelt, anders als ich es in Deutschland gemacht hätte, und damit muss ich erstmal meinen Platz in Deutschland wieder finden. Es wird seine Zeit brauchen, aber irgendwann wird es hoffentlich schon klappen.

Etwas, was mir auch schwer fallen wird, ist der Abschied von den Kindern, dem Kinderheim und dem Land. Wir bekommen von der Hermanita eine Abschiedsfeier, bei der wir wahrscheinlich auch paar Worte sagen müssen, und wenn wir da nicht in Tränen ausbrechen, ja dann weiß ich auch nicht weiter. Es wird halt so hart, sich von den ganzen Kindern zu verabschieden. Auch wenn viele in diesem Jahr das Valle Feliz verlassen haben, sind viele neue dazu gekommen und sind einem ans Herz gewachsen. Es wird halt wirklich alles andere als leicht.

Jedenfalls wächst die Vorfreude auf Deutschland natürlich auch. Auf Familie, Freunde, Essen und meinen Kleiderschrank. Man merkt erst, wie wichtig einem seine Kleidung ist, wenn man sie länger nicht benutzen kann und man immer nur dieselben Sachen anzuziehen hat, ohne eine Auswahl zu haben. Meine Jeans sind beide absolut ausgelaufen und alles andere als skinny. Die T-Shirts hatten nach jeder zweiten, dritten Wäsche ein neues kleines Loch und die weißen Kleidungsstücke sind mehr wie das Gelbe vom Ei. Aufs Essen freue mich auch so sehr. Fast jeden Tag Reis zu essen ist nicht das Wahre, genauso wenig wie 10 Minuten Nudeln, die 40 Minuten gekocht werden.

Es gibt also auch genug Gründe, sich auf die Rückkehr zu freuen und irgendwie war es mir bisher gar nicht so bewusst, schon so lange hier und so lange in Deutschland abwesend zu sein. Die Zeit stand dort ja nicht still und wahrscheinlich hat sich sehr vieles verändert und ich hoffe, ich kann da einfach mithalten. Ich werde es bald erfahren.

Liebe Grüße aus Ecuador, vielleicht zum letzten Mal!

Deine Gedanken zu diesem Thema